Kinderqigong, China

In China wurde – außer einfachen Übungen für die Augen – Qigong selten an Kinder unterrichtet: sie haben bis zum Eintritt der Geschlechtsreife von alleine die Fähigkeit, Qi aus dem Kosmos aufzunehmen. In einer Umgebung, die es Kindern erlaubt, sich Freiräume, vor allem in der Natur, zu schaffen – wie sie bis vor Kurzem fast überall auf der Welt anzufinden waren – müssen sie sich nur in Ruhe entwickeln können, damit sie von alleine viel Qi aufnehmen.

Zu der Zeit, als Qigong in China auch in der Öffentlichkeit gelehrt und praktiziert wurde, geschah es natürlich hin und wieder, dass sich Kinder manchmal neben ihre Eltern stellten und die Übungen imitierten, manche – insbesondere ältere Kinder – sogar etwas regelmäßiger.

So ein damals etwa 13- bis 14-jähriger Junge, dessen Vater bei Guo Bingsen das Nei Jing Gong-1 erlernte (Guo Bingsen unterrichtete es damals in einem Park in Dalian) und es auch zu Hause ein zweites Mal praktizierte: der Junge stand oft daneben, wenn auch nicht während der gesamten Übungszeit.

Eines Tages teilte er seinem Vater mit, dass er im Bauchraum eine Zirkulation spüren könne. Der Vater gab diese Information an Guo Bingsen weiter, verbunden mit der Frage, ob dieser nicht eine Art persönlichen Übungsweg für seinen Sohn vorschlagen wolle. Er hatte gehört, dass man, beginnt man in diesem Alter, im Qigong sehr schnell Fortschritte machen könne.

Guo Bingsen wusste, dass es nicht einfach ist, Heranwachsende im Qigong auszubilden: sie befinden sich in einem Alter, in dem einerseits das Yang-Qi am stärksten ist (darum die Möglichkeit der schnellen Fortschritte), andererseits bestehen auch sehr viele andere Interessen, die ausgelebt werden sollten. Er hatte damit keine Erfahrung und wollte nicht in die natürliche Entwicklung des Jungen eingreifen.

Daraufhin suchte die Familie nach einem Meister, der in der Ausbildung von Jugendlichen Erfahrung hatte. Sie fanden auch einen. Dieser lebte in der Provinz Qinghai, im chinesischen Westen. Die Familie lebte, ebenso wie Guo Bingsen, in Dalian, ganz im Osten.

Also machten sie sich in den Ferien auf den Weg nach Qinghai. Der Meister ließ nur den Jungen an seinen Unterweisungen teilnehmen, die Familie musste warten. Als der Junge aus der Kammer kam, waren natürlich alle sehr neugierig: „Na, wie war’s? Was hast Du gelernt?“ – „Geheim!“ war die einzige Antwort des Jungen.

Die Familie kehrte nach Dalian zurück und der Junge schloss sich ab sofort jeden Abend zur gleichen Uhrzeit für etwa eine Stunde in seinem Zimmer ein. Und wenn er gerade mitten im Spiel mit seinen Kamaraden war: er schaute auf die Uhr, unterbrach sein Spiel und rannte in seine Kammer.

Natürlich waren die Eltern immer noch sehr neugierig, was da passierte. Er verriet nichts. Ein einziges Mal war er von dem, was er eben erlernt hatte, selbst so verblüfft, dass er nicht an sich halten konnte: „Heute wollte er, dass ich einen Gegenstand mit Qi anhebe…“ – Sein Meister unterrichtete ihn also regelmäßig aus der Ferne.

Irgendwann begleitete der Junge seinen Vater in die medizinische Ambulanz des Instituts für Fremdsprachen, an dem der Vater, ebenso wie Guo Bingsen, beruflich tätig war. Im Wartezimmer saßen bereits mehrere Personen, die der Reihe nach von einer Krankenschwester aufgerufen wurden. Der Junge bemerkte, dass sich in der Speiseröhre dieser Krankenschwester eine Art nach innen zeigender Dorn befand. Zufällig hörte der Röntgenarzt dies mit und wollte das gleich nachprüfen: tatsächlich, so war es! Es sah genau so aus, wie der Junge es aufgezeichnet hatte.

Dieser Junge hatte sehr schnell die Fähigkeit entwickelt, die Organe zu sehen. Dies nicht nur in der Aufsicht, sondern auch im Querschnitt. Unterrichtet aus einer Entfernung von gut tausend Kilometern.

Derartiges versteht man in der chinesischen Überlieferung unter ‚Qigong‘.

Fan Teng Gong mit Kindern. (Beitrag folgt.)