Wirrwahr

Eben wollte ich die Kurs-Kurzbeschreibungen auf der Startseite der Dao Yuan Schule in Bezug auf Schwierigkeit und mir bekannte Einordnung im Zusammenhang der „Qi-Künste“ zum besseren Verständnis etwas klassifizieren. Dabei habe ich etwas Erstaunliches dazu gelernt:

Mir ist bekannt, dass die Bezeichnungen von Dingen je nach Verwender eine unterschiedliche Bedeutung haben. Dennoch soll die Sprache Inhalte ja kommunizierbar machen, sonst bräuchten wir sie nicht. Gleichzeitig sind mit den Benennungen bestimmte Werte verbunden, und wer nicht lügt, vermutet darin auch Wahrheit. Ich zum Beispiel verstand unter dem Begriff „Qigong“ immer „chinesische Übungen mit unterschiedlichen Zielen von unterschiedlicher Qualität“. Meister Guo verwendete diesen Begriff von Anfang an für alle von ihm gelehrten Übungen und Übungssysteme, dabei macht er einen Unterschied zu der von ihm „chinesische Gymnastik“ genannten Übungen, die man in China „Yangsheng“ – „Übungen zur Lebenspflege“ nannte. Seiner Erklärung zufolge regulieren die Yangsheng-Übungen die Energie im Körper, ähnlich der Akupunktur, aber durch eigenes Üben. Sie ermöglichen keine größere Aufnahme von Qi und transformieren aufgenommenes Qi nicht im Körper, wie es im Qigong möglich sei. Ich spürte deutlich, wie sich mein Qilevel mit diesen Übungen verbesserte und konnte diese Definition gut akzeptieren.

Dann gab es auf einmal Webseiten, auf denen die Betreiber sich vehement vom „Qigong“ distanzierten und behauptete, hierunter würden nur energetisch schwache Übungen in Bewegung verstanden. Das einzig Wahre, die Übungen mit tatsächlich großer energetischer Wirkung nenne man „Nei Gong“. Ich erzählte Guo Bingsen von dieser Auffassung und seine Antwort war:

„Die stärkeren klassischen Übungen wurden im Geheimen weiter gegeben. Man verwendete den Oberbegriff „Qigong“ dafür, außerdem hatten einzelne Übungssysteme auch ihre eigenen Namen. Unter diesen Übungssystemen versteht man in sich zusammenhängende Einzelübungen, die in der Regel von der Anfängerstufe bis zu einem hohen Niveau im Qigong führen können. Da diese Übungen aber unter Ausschluss der Öffentlichkeit weitergegen wurden, war weder deren Oberbegriff noch deren individuelle Bezeichnung der Öffentlichkeit bekannt. Der Begriff „Nei Gong“ hingegen wurde hauptsächlich in den Kampfkünsten verwendet. Ebenso wie der Begriff „Qigong“ war auch der Begriff „Nei Gong“ ein Oberbegriff für verschiedene Übungen und Übungssysteme, vorrangig in den Kampfkünsten. Diese waren in der Öffentlichkeit präsent, kannten und kennen energetische Übungen zur Überwindung der Beschränktheit reiner Muskel- und Knochenarbeit. Sie waren bekannt und hatten einen Namen.

Später habe ich erfahren, dass das Herausgeberteam des Buches „Großes Kompendium des chinesischen Qigong“, einer Sammlung von in der chinesischen Gesellschaft bekannten Qigongformen den Titel dieses Buches folgendermaßen diskutierte: „Eigentlich bezeichnet der Begriff „Qigong“ die klassischen, oft im Geheimen weitergegeben Übungen. Aber in letzter Zeit findet man auch Übungen, die eigentlich zum Yangsheng Gong zählen, unter dem Begriff „Qigong“. Wie sollen wir damit umgehen?“ Dieses Team kam schlussendlich zur Entscheidung, den Begriff „Qigong“ als Oberbegriffe zu verwenden und darin auch Übungen, die möglicherweise eher dem Yangsheng Gong zugehörten, mit einzubeziehen.

Im Zusammenhang der oben erwähnte Arbeit an der Webseite der Dao Yuan Schule googelte ich noch kurz den Begriff „Yangsheng Gong“ – und fand folgende Stelle:

In religious Daoism and traditional Chinese medicine, yangsheng (Chinese: 養生; lit. ’nourishing life‘), refers to various self-cultivation practices aimed at enhancing health and longevity. Yangsheng techniques include calisthenics, self-massage, breath exercises, meditation, internal and external Daoist alchemy, sexual activities, and dietetics. Most yangsheng methods are intended to increase longevity, a few to achieve „immortality“— in the specialized Daoist sense of transforming into a xian („transcendent“, who typically dies after a few centuries, loosely translated as „immortal“). Quelle: https://en.wikipedia.org/wiki/Yangsheng_(Daoism)

In der Übersetzung: „Im religiösen Daoismus und in der traditionellen chinesischen Medizin bezieht sich Yangsheng (chinesisch: 養生; wörtlich: „das Leben nähren“) auf verschiedene Praktiken der Selbstkultivierung, die darauf abzielen, die Gesundheit und Langlebigkeit zu verbessern. Zu den Yangsheng-Techniken gehören Gymnastik, Selbstmassage, Atemübungen, Meditation, innere und äußere daoistische Alchemie, sexuelle Aktivitäten und Diätetik. Die meisten Yangsheng-Methoden zielen darauf ab, die Langlebigkeit zu erhöhen, einige wenige darauf, „Unsterblichkeit“ zu erlangen – im speziellen daoistischen Sinne der Verwandlung in einen Xian („Transzendenten“, der typischerweise nach ein paar Jahrhunderten stirbt, frei übersetzt als „unsterblich“).“ Quelle: https://en.wikipedia.org/wiki/Yangsheng_(Daoismus)

… Also habe wir jetzt nicht mehr nur einen Wirrwar der Begriffe, sondern einen der Oberbegriffe.

Das Wahre an diesem Wisswar ist vielleicht: Wir sind alle verschieden. Es ist Affinität, die uns zu dem führen kann, was für uns wichtig und richtig ist. Begriffe sind dann nebensächlich.

Hauptseite der Dao Yuan Schule: https://qigong-daoyuan.net