Die Sitzmeditation des Fan Teng Gong

Neben den 14 Übungen im Stehen hat das Fan Teng Gong eine Sitzmeditation, welche die Ergebnisse der Übungen im Stehen unterstützen soll. Diese Sitzmeditation wird an der Dao Yuan Schule erst unterrichtet, nachdem alle anderen Übungen erlernt und regelmäßig praktiziert wurden. So hat Meister Guo es gelehrt, so führt die Dao Yuan Schule es fort.

Sollte diese Übung im Rahmen des Unterrichts der Dao Yuan Schule auch manchmal (selten) in einer „Meditationsrunde“ im Rahmen von Fan Teng Gong Kursen eingesetzt werden, dann soll sie den Teilnehmern die Aufnahme einer Qi-Übertragung in der Gruppe erleichtern. Die individuelle Übertragung erfolgt immer erst, nachdem alle 14 Stehübungen gut erlernt wurden.

Auch die an der Dao Yuan Schule ausgebildeten Lehrer unterrichteten diese Sitzmeditation früher erst nach allen anderen Übungen, doch hat es sich dort irgendwann eingebürgert, sie als einfache Entspannungsübung mit den Schülern zu praktizieren. Da dies jedenfalls nicht schaden kann, hat Meister Guo nach anfänglichem Zögern dann weiter nichts dagegen eingewendet.

Warum aber diese Zurückhaltung, dieser scheinbar erst späte Unterricht der Sitzmeditation?

Nun, die Übungen im Stehen bringen das Qi schneller in Bewegung, Ergebnisse stellen sich dadurch schneller ein als beim Sitzen in Stille.

Manche Teilnehmer praktizieren außer dem Fan Teng Gong noch weitere Qigongübungen, die sie nicht an der Dao Yuan Schule gelernt haben. Jedes traditionelle Qigong hat seinen eigenen Übungsaufbau, seine eigenen Regeln. Diese passen manchmal nicht zusammen. Das bedeutet: einzeln geübt, in einem Abstand von etwa 4-6 Stunden zueinander, bringt die Praxis unterschiedlicher traditioneller Qigongübungen das Qi der Übenden nicht durcheinander.

Manche Übungen verbieten es jedoch von sich aus, andere Übungen parallel zu praktizieren. Das wissen die Übenden nicht immer. Darum kann es manchmal zu energetischen Konflikten kommen.

Außerdem ist das Fan Teng Gong dafür bekannt, dass es beim Üben sogenannte „Krankheitsreaktionen“ auslösen kann. Hierbei handelt es sich um Reaktionen des Körpers auf die verstärkte Qi-Zirkulation, die versucht, verbrauchtes Qi in Bewegung zu bringen, um es in der Folge auszuleiten. Derartige Reaktionen nennt man „Krankheitsreaktionen“, weil sie aussehen wie eine Krankheit¹; faktisch handelt es sich jedoch um Regulierungsprozesse. Diese sind bei verschiedenen Individuen zwar manchmal ähnlich, jedoch niemals gleich und sie sind NIE vorhersehbar. [Im Fan Teng Gong greift man nicht zielgerichtet in Prozesse ein, sondern diese geschehen aus der eigenen Logik des Lebendigen.] Diese Regulationsprozesse können sich in verschiedenen Beschwerdebildern äußern, häufig, aber nicht ausschließlich, sind dies z.B. Kälteempfindungen, Schmerzen, Übelkeit, Durchfälle, Hautausschläge.

Da die Stehübungen des Fan Teng Gong das Qi der Übenden vergleichsweise schnell in eine vergleichsweise starke Zirkulation bringen, vollziehen sich hier die Prozesse des „Auflösens und Ausleitens“ schneller als bei den stillen Übungen im Sitzen. Dies bezieht sich auf „Krankheitsreaktionen“ ebenso wie auf unerwünschte Interferenzen mit anderen Übungen.

Konkret heißt das: Übt man (vor allem Anfänger!) im Stehen, verschwinden diese unangenehmen Sensationen schneller als beim Üben im Sitzen. Hat man das gesamte Fan Teng Gong jedoch bereits erlernt und regelmäßig praktiziert, dann hat man dabei sein Qi sukzessive gestärkt. Dadurch wirken andere Übungen stärker, auch die zum Fan Teng Gong gehörige Sitzmeditation kann ihre ergänzende spezifische Wirkung dann besser entfalten.

Und wenn diese auch erst am Ende der ersten Unterweisung in den Übungen gelehrt wird, dann heißt das ja noch lange nicht, dass man dann schon mit dem Fan Teng Gong „fertig“ wäre. Im Gegenteil: Dann fängt eine neue Etappe des Übens dieser wunderbaren Übungen an! Neue und tiefere Erfahrungen des Qi bei 1-2x täglich im Stehen plus 1x täglich im Sitzen!

Je besser es gelingt, sein Üben nach und nach auf diese Weise auf- und auszubauen, desto bessere Ergebnisse wird man langfristig erzielen. – Übrigens: die Sitzmeditation sollte mindestens 20-30 Minuten lang praktiziert werden, um gute Ergebnisse hervorbringen zu können.

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Das Fan Teng Gong ist Teil des umfangreichen Lehrsystems der Dao Yuan Schule für Qigong.

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¹ Diese „Krankheitsreaktionen“ kann man, äußerlich betrachtet, manchmal nicht von realen Erkrankungen unterscheiden. Ärztliche Untersuchungen führen in solchen Fällen jedoch nicht selten zu Ergebnissen, die überhaupt nicht mit dem äußeren Bild zusammenzupassen scheinen. Dies bezieht sich unserer Erfahrung nach sowohl auf Diagnosen der westlichen Medizin als auch auf die der TCM: eine „Krankheitsreaktion“ ist keine Krankheit, sondern ein vorübergehender Teil eines den „Selbstheilungskräften“ zuzuschreibenden Regulierungsprozesses. Typisch für diese Reaktionen ist oftmals auch der fast unglaublich schnelle Wechsel von „schwerstkrank“  zu „pumperlgesund“.